Aktuelles

Hier finden Sie einige Beispiele aus der Gerichtspraxis in Rechtsgebieten, die in der Kanzlei Gnädig betreut werden.

Internetrecht

Schadensersatz für Internetausfall
Wenn ein Internetanschluss wochenlang nicht verfügbar ist und das Telekommunikationsunternehmen die Gründe zu vertreten hat, muss es unter Umständen neben den dadurch entstehenden Mehrkosten (z.B. Mobiltelefon) auch Schadensersatz wegen Nutzungsausfall leisten. Der Kunde konnte im entschiedenen Fall seinen Anschluss zwei Monate lang nicht nutzen. Allerdings kann ein betroffener Kunde nur den für eine Bereitstellung marktüblichen Betrag (Anschlusskosten) verlangen (BGH Urteil vom 24.01.2013, Az III ZR 98/12).

Beleidigung von Prominenten in Social Networks
Wer bei sozialen Netzwerken wie Facebook / Twitter / MySpace beleidigende Äußerungen einstellt, muss damit rechnen, auf Schadensersatz wegen Persönlichkeitsrechtsverletzung in Anspruch genommen werden. Dies gilt auch dann, ein Betroffener sich selbst als „Container“-Bewohner zur Schau gestellt hat. Allerdings kann in einem solchen Fall die Höhe der Geldentschädigung wegen der freiwilligen Aufgabe der Privatsphäre geringer ausfallen (LG Berlin Urt. 13.8.2012, Az. 33 O 434/11)

Keine Markenrechtsverletzung durch Google-Adwords
Der Bundesgerichtshof hat noch einmal festgestellt, dass beim “Keyword-Advertising” eine Markenverletzung ausgeschlossen ist, jedenfalls soweit die AdWords-Anzeigen in einem getrennten Block erscheinen und selbst weder die Marke noch sonst einen Hinweis auf den Markeninhaber oder die unter der Marke angebotenen Produkte enthalten, selbst wenn die Anzeige nicht auf die fehlende Verbindung zwischen dem Werbenden und dem Markeninhaber hinweist und in der Anzeige entsprechende Produkte mit Gattungsbegriffen bezeichnet werden (im Streitfall “Pralinen” usw.), (BGH Urteil vom 13. Dezember 2012 – I ZR 217/10 – MOST-Pralinen).

Abmahnung – Haftung der Eltern für ihre Kinder bei Filesharing eingeschränkt
Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass - entgegen der oft von Abmahnanwälten verbreiteten Ansicht - Eltern oft nicht für Rechtsverstöße ihrer minderjährigen Kinder im Zusammenhang mit Filesharing (Tauschbörsen) haften. Eltern haften in einem solchen Fall nicht, wenn sie das Kind über das Verbot einer rechtswidrigen Teilnahme an Internettauschbörsen belehrt hatten und es keine Anhaltspunkte dafür gab, dass das Kind sich über das Verbot hinwegsetzt. Im Rahmen der Aufsichtspflicht für ein normal entwickeltes 13-jähriges Kind mussten die Eltern in dem Fall die Internetnutzung auch nicht überwachen, sofern keine konkreten Anhaltspunkte für rechtsverletzende Nutzung bestanden (BGH Urteil vom 15. November 2012 - I ZR 74/12, Pressemitteilungen BGH Nr. 193/2012).

Keine Zensur in Kundenbewertungsportalen
LG Duisburg (Urteil vom 21.03.2012, Az.: 25 O 54/11) hat entschieden, dass es irreführend ist, wenn Händler in Kundenbewertungsportalen nur positive Bewertungen darstellen, sofern nicht auf eine solche einseitige Auswahl hingewiesen wird.

Hotels müssen sich Kundenbewertungen gefallen lassen
Vor dem Hanseatischen Oberlandesgericht ist eine Hotelbetreiberin mit dem Versuch gescheitert, Bewertungen ihres Hauses in einem Online-Portal zu verhindern. Das lehnte einen Unterlassungsanspruch ab unter anderem mit dem Hinweis auf das schutzwürdige Interesse der Allgemeinheit an Information auch durch derartige Bewertungsportale (OLG Hamburg, Urteil vom 18. Januar 2012, Az. 5 U 51/11).

Gewährleistungsausschluss bei Privatverkauf (e-bay) nicht immer wirksam
Der Bundesgerichthof (Urteil vom 19.12.2012 – Az.: VIII ZR 96/12) kam im Fall eines Bootsverkaufes über E-Bay zu dem Ergebnis, dass der vom Verkäufer vorgenommene Gewährleistungsausschluss unwirksam war. Das Gericht sah in den entsprechenden Angaben zur Wassertauglichkeit keine einfache Artikelbeschreibung, sondern eine so genannte Beschaffenheitsangabe gem. § 434 I 1 BGB, nicht einfach durch einen Gewährleistungsausschluss ausgeschlossen werden kann.

YouTube und Google schadensersatzpflichtig für Verbreitung urheberrechtswidriger Inhalte
Plattformbetreiber YouTube und Google dürfen bestimmte Videos mit urheberrechtswidrigen Inhalten, die Nutzer hochgeladen haben, nicht verbreiten. Die Plattformbetreiber sind wegen der Veröffentlichung grundsätzlich auch schadensersatzpflichtig. (LG Hamburg, Urteil vom 03.09.2010, 308 O 27/09)

Anschauen kinderpornographischer Internetseiten strafbar
Schon wer kinderpornographische Internetseiten im Internet anschaut macht sich – auch ohne die Absicht, die Daten auf seinem Computer abzuspeichern und ohne Kenntnis der Speicherung im Cache – strafbar i.S. d. § 184 b Abs. 4 StGB, wonach das sich Besitz verschaffen von kinderpornographischen Inhalten unter Strafe gestellt ist. (Revisionsurteil des OLG Hamburg vom 15.02.2010, 2-27/09(REV), 2-27/09-1 Ss 86/09)

Strafrecht/Ausländerrecht

Anspruch Gefangener auf medizinische Behandlung
Gefangenen darf von der Haftanstalt erforderliche medizinische Behandlung nicht mit dem Hinweis auf fehlende Ausstattung verweigert werden; die Einschätzung des Anstaltsarztes zur Behandlung ist vom Gericht im Hinblick darauf zu überprüfen, ob das pflichtgemäße ärztliche Ermessen eingehalten wurde (Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 15.11.2012, Az. 2 BvR 683/11).

Grundgesetzverstoß durch Abschiebehaft
Im einem in Hamburg begonnenen Verfahren hat letztlich der Bundesgerichtshof einen Grundrechtsverstoß durch Abschiebehaft in einem Fall festgestellt, bei dem die Abschiebung wegen fehlender Zustimmung der Staatsanwaltschaft nicht durchgeführt werden durfte (BGH Beschluss vom 3.2.2011 – V ZB 224/10)

Straftäter als Flüchtlinge
Das Bundesverwaltungsgericht hat bekräftigt, dass an den Widerruf einer Flüchtlingsanerkennung aufgrund eins Strafurteils hohe Anforderungen zu stellen sind. In dem vorliegenden Fall hielt das Bundesverwaltungsgericht eine dreijährige Gesamtfreiheitsstrafe und niedrigeren Einzelstrafen nicht für ausreichend, um die Flüchtlingseigenschaft zu widerrufen. Anders wäre es gewesen, wenn sich die Verurteilung auf eine einzelne besonders schwerwiegende Straftat gestützt hätte (Pressemitteilung
Nr. 6/2013 des Bundesverwaltungsgerichts, BVerwG 10 C 17.12)

Inhaftierung eines Ausländers im Rahmen der Rechtshilfe im Einzelfall verfassungswidrig
Die Anordnung der Festhaltung eines ausländischen Strafverfolgten im Rahmen internationaler Rechtshilfe kann im Einzelfall gegen die Verfassung verstoßen, etwa wenn sich das Gericht nicht hinreichend mit der dem Verfolgten drohenden Gefahr politischer Verfolgung im betreffenden Land auseinandergesetzt hat, obwohl sich die Prüfung eines daraus folgenden Auslieferungshindernisses nach dem IRG aufdrängen musste. (Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 16. September 2010, 2 BvR 1608/07)

Straßenverkehrsrecht

Entzug der Fahrerlaubnis wegen Falschparkens
Bei einem „chronischen“ Falschparker (Verstoß gegen Parkregeln in 118 Fällen innerhalb von viereinhalb Jahren), der die Vorlage des daraufhin angeforderten medizinisch-psychologischen Gutachtens verweigerte, hat das Gericht den Entzug der Fahrerlaubnis für rechtmäßig erklärt (Verwaltungsgericht Saarlouis, Urteil vom 16.12.2011- 10 K 487/11)

Kein Smartphone als Navigationshilfe am Steuer
Die Nutzung eines Telefons (ohne Freisprechanlage) am Steuer ist auch dann untersagt, wenn der Fahrer nicht telefoniert, sondern das Gerät zur Navigation nutzt. (OLG Hamm, Beschluss vom 18.2.2013, Az. III-5 RBs 11/13)

Unscharfes Blitzerfoto als Beweis?

Bei der Entscheidung über eine Geldbuße (im konkreten Fall wegen Nichteinhalten des Sicherheitsabstandes) kann ein Gericht sich zu Beweiszwecken nicht pauschal auf ein unscharfes Foto stützen. Will das Gericht bei unscharfem Foto einen Verkehrsverstoß feststellen, muss es ausdrücklich anhand einzelner Merkmale kenntlich machen, wieso eine solche Aufnahme trotz schlechter Qualität für eine Identifizierung reicht (Oberlandesgericht Bamberg, Beschluss 22.2.2012, Az. 2 Ss OWi 143/12).

Mietrecht

Mietminderung wegen Verkehrslärm
Ein Mieter kann zur Minderung der Miete berechtigt sein, wenn nach Abschluss des Mietvertrages der Lärmpegel erheblich steigt. In dem Fall war die betreffende Straße zum Autobahnzubringer geworden… (Amtsgericht Köpenick (Urteil vom 02.07.2010, Az. 4 C 116/10)

Kein Veto des Vermieters gegen große Hunde
Wenn der Mietvertrag das Halten von Hunden erlaubt, hat der Vermieter kein Recht, etwa aus Tierschutzgesichtspunkten die Haltung eines großen Hundes in der Wohnung zu verbieten Im konkreten Fall ging es um eine Hamburger Altbauwohnung und einen schottischen Hütehund (BGH VIII ZR 329/11).

Arbeitsrecht

Kündigungsfrist von 18 Monaten zulässig
Im Fall eines leitenden Angestellten hat das Arbeitsgericht die vertragliche Vereinbarung einer für Arbeitgeber und Arbeitnehmer gleiche Kündigungsfrist von 18 Monaten für zulässig erklärt (ArbeitsgerichtHeilbronn, Urteil vom 08.05.2012, Az. 5 Ca 307/11).

Kündigung des „besten“ Arbeitnehmers – Kündigung und Abwerbung
Ein Arbeitnehmer, der sich im Zuge eines Abwerbeversuches vom alten Arbeitgeber zum Bleiben überreden lässt, kann sich nicht wegen Verstoßes gegen „Treu und Glauben“ gegen eine fünf Monate später vom Arbeitgeber ausgesprochene ordentliche Kündigung wehren. Dass der Arbeitgeber mit Gehaltserhöhung und Lob („bester Arbeitnehmer“, „größte Umsätze“) zum Bleiben lockt, beinhaltet keinen vorrübergehenden Kündigungsausschluss. Vergleichbar wäre dies dem Fall, dass sich der Arbeitnehmer abwerben lässt und dann in Kürze vom neuen Arbeitgeber eine Kündigung erhält (Landesarbeitsgericht Köln, Urteil vom 28.09.2012, Az. 4 Sa 569/12).